Andrej Voina ist seit über 30 Jahren erfolgreich in der Welt der Kommunikation zu Hause. Er ist ehemaliger Radio Journalist und Moderator, PR-Manager, Marketingleiter, Chefredaktor und Content Specialist. Neben seiner Anstellung als Dozent für Content Marketing bei eFachausweis unterstützt er als Content Berater und Produzent Schweizer Unternehmen in Sachen Content und Kommunikation.
Andrej, was bedeutet Lernen und Wissen in deiner Branche und wie hast du die Entwicklung in den letzten Jahren erlebt?
Gerade in der Kommunikation und besonders im digitalen Bereich verändert sich die Welt sehr stark und oft auch sehr schnell. Plötzlich taucht eine neue Technologie oder eine neue App auf, welche alles verändert und komplett neue Möglichkeiten bietet.
Und da die digitale Welt mittlerweile überall ein Thema ist und in praktisch jeder Branche Einzug gehalten hat, ist Weiterbildung heute vermutlich sogar noch wichtiger als früher.
Eine gesunde Portion Neugier hilft natürlich dabei. Wer nicht neugierig ist, wird es schwer haben, immer wieder Neues zu lernen. Jemand der neugierig ist, nimmt diesen Prozess gar nicht als „lernen“ wahr, sondern als „Wissen aneignen“. Die Person interessiert sich für ein Thema oder ein Vorgehen und möchte wissen, wie es geht.
„Neugier ist eine menschliche Grundeigenschaft. Wenn eine Person sagt, „aber ich bin nicht neugierig“, dann hat sie vermutlich noch nicht das Thema oder das Umfeld gefunden (oder als solches erkannt), welches sie interessiert.„
Wenn man nicht genau weiss, wohin die Reise gehen soll, könnte es helfen, sich einmal das japanische Lebensmodell Ikigai näher anzuschauen. Mit Ikigai kannst du versuchen herauszufinden, was dich so sehr interessiert, dass du von dir aus Spass und Interesse daran hast, mehr darüber zu wissen. Auf Japanisch bedeutet Ikigai nämlich etwa so viel wie „Der Grund, um am Morgen gerne aufzustehen“.
Andrej, erzähle uns bitte noch mehr von dir. Was waren bis anhin deine grössten Erfolge und welche Hürden musstest du bewältigen? Was hat dich heute zu dem gemacht, was du bist?
Mein grösster Erfolg ist meine Tochter. Und, dass ich es – nach langen Jahren des Aufbaus – endlich geschafft habe, mir eine Art „Ikigai“ Zustand zu erschaffen. Lustigerweise habe ich festgestellt, dass ich schon immer danach gestrebt habe. Lange bevor ich überhaupt wusste, dass es einen japanischen Begriff und ein damit verbundenes „Glückskonzept“ für solch ein Vorgehen gibt.
Konkret fing ich nach der Matura damit an, mir mein „Ikigai“ zu erschaffen. Ich erinnere mich, wie ich damals in der elterlichen Wohnung sass, meine Noten studierte (wo war ich gut) und dann überlegt habe, was es für Jobs gibt, wo man sowas einsetzen kann. Dies brachte mich auf das Berufsbild „Journalist“. Auf der Suche nach einem Volontariat landete ich mehr oder weniger zufällig beim Radio, wo ich bereits einen ersten „Ikigai“ Zustand erleben konnte: Ich war gut darin, es machte Spass, ich habe einen Lohn gekriegt und es hat die Welt interessiert. Aber es war nur ein temporäres Ikigai. Das Leben führte mich weiter.
Durch die vielseitige Arbeit beim Radio entdeckte ich nämlich immer wieder neue, interessante Betätigungsfelder und Aufgabenbereiche, was schliesslich zu ersten Phasen der (Teil-)Selbstständigkeit und dem Durchlaufen verschiedener Stationen und Positionen in der Kommunikationsbranche führte. In einer davon begann ich damit, mich mit dem Thema Video auseinanderzusetzen und habe mich über die Jahre immer weiter entwickelt. Heute gebe ich Unterricht in Sachen Video Content Marketing.
So können sich also Hürden in Startrampen verwandeln. Man sollte deshalb den Mut haben, auch einfach mal einen Sprung zu machen. Denn wenn man nicht springt, kann man zwar nicht hinfallen, aber auch nicht fliegen.
„Wenn ich zum Beispiel etwas machen wollte, aber nicht wusste wie, habe ich mir dieses Wissen ganz einfach und zielgerichtet geholt. Bei jemandem der‘s weiss. Oder im Internet.“
Über all die Jahre habe ich während meinen Tätigkeiten Erfahrungen gemacht, Fehler gemacht, gelernt und mich weiterentwickelt. So habe ich mein heutiges Wissen schon fast „beiläufig“ aufgebaut. Natürlich geht das vielleicht nicht überall und in jeder Branche. Aber auch ich hatte Hürden zu bewältigen und oft erst im Nachhinein gemerkt, dass das Bewältigen dieser Hürden diese eben auch in Startrampen verwandelt hat, welche mich überhaupt hierher gebracht haben, wo ich mich aktuell befinde und wo ich sagen kann: Ich bin in einer ziemlich guten „Ikigai“-Position in meinem Leben.
Auf welchen Werten beruhen deine täglichen Handlungen und Entscheidungen?
Wie schon erwähnt denke ich, dass Neugier und Offenheit die wichtigsten Treiber sind, um sich weiterzuentwickeln. Privat wie auch beruflich. Dazu kommt dann auch noch Mut.
„Es geht nicht darum, nie abzustürzen, sondern immer wieder aufzustehen und aus Fehlern zu lernen. Wie ein Kind, welches lernt zu gehen.Angst ist dabei ein sehr schlechter Berater und kann zu Blockaden führen. Eventuell ist es auch unsere schweizerische, ein wenig perfektionistische Art, welche vielen Menschen Angst macht und sie dabei hindert, zu Höhenflügen anzusetzen. So nach dem Motto; „Es wird ja eh nicht perfekt, also was soll’s?“.“
Im angelsächsischen Raum wird viel lockerer mit Misserfolg umgegangen. Dort gehört es einfach dazu. Davon sollten wir uns meiner Meinung nach, auch bei uns eine Scheibe abschneiden.
Ein Headhunter hat mich zum Beispiel beim Vorstellungsgespräch gefragt, ob mir schon einmal gekündigt wurde. Etwas verwundert – und wohl auch verunsichert – wollte ich wissen, weshalb er das wissen wolle. Seine Antwort war: „Nur wer schon mal entlassen worden ist, hat kapiert, worum es geht.“ Das fand ich sehr aufschlussreich, weil es ein für mich damals ein sehr ungewohnter Aspekt im Bewerbungsprozess war. Heute weiss ich; er hatte sicher nicht Unrecht. Und ja, ich bin auch schon mal entlassen worden.
Neugier, Offenheit, Mut und eben auch mal einen Fehler machen und… daraus LERNEN. Das ist meine Devise im Alltag.
Welche Rituale hast du in deinem Alltag integriert? Wie sieht die erste Stunde deines Tages aus? Wie schaltest du privat ab?
An sich mag ich Routine nicht besonders, da dies meist nicht sehr kreativ ist. Aber natürlich komme auch ich nicht um einige Routinen herum.
Als langjähriger Newsjournalist gehört es entsprechend zu meiner Morgenroutine mich als Erstes bei mehreren News-Apps über das aktuelle Weltgeschehen zu informieren. Danach geht’s weiter zu Social Media (in der Regel Facebook, Instagram, YouTube und LinkedIn), E-Mail, WhatsApp/SMS und natürlich auch wie sich über Nacht die Börsenkurse (Crypto) entwickelt haben.
Grundsätzlich bin ich ständig am Beobachten, was es denn Neues gibt in der Welt. Vieles zieht an mir vorbei, aber vieles nehme ich auch auf und versuche es selbst anzuwenden. Dabei helfen mir verschiedene Internet-basierte Kanäle, wo ich mein Interesse gezielt vertiefen kann.
Ich fokussiere mich bewusst nicht auf einen spezifischen Kanal, sondern gehe in die Breite und benutze mehrere der sich anbietenden Plattformen, da überall ein etwas anderer Fokus auf die Themen gelegt wird, die mich interessieren. Aus dieser Mischung ziehe ich dann die Elemente heraus, welche mir gefallen und welche mir nützlich für mein Leben erscheinen. So ähnlich halte ich es übrigens auch mit meinen Social-Media-Bekanntschaften. Da hat es so ziemlich alles dabei. Von Links bis Rechts, von Künstlern am Existenzminimum, bis zu Superreichen. Von allen kann man etwas lernen.
Abschalten kann ich schliesslich ganz gut beim Kochen (ich probiere immer wieder gerne neue Rezepte aus) und natürlich beim Betreuen meiner Tochter – wobei mich das durchaus auch auf Trab hält. Und dann natürlich mit Filmen, Serien und meinen bevorzugten YouTubern – Letztere sind auch Teil des „stetigen Lernens“.
Was ist deine Vision im Hinblick auf die Arbeitswelt von morgen?
Da gibt es ganz viele Aspekte. Der vermutlich wichtigste und einschneidendste Aspekt ist meiner Meinung nach das Thema AI (Künstliche Intelligenz).
„AI-Anwendungen werden uns in Zukunft die Arbeit ungemein vereinfachen und uns ganz viele Routinearbeit abnehmen, so dass wir uns mehr auf Strategisches oder Kreatives konzentrieren können.“
Ein Vorteil, welcher meinem Naturell sehr entgegen kommt. Ich würde mir am liebsten schon jetzt einen AI-Assistenten wünschen, der mir ungeliebte Tätigkeiten oder Fleissarbeit abnimmt. Leider sind wir noch nicht so weit.
Als Beispiel sehe ich immer den Assistenten „Bit“ aus dem damals äusserst visionären Sci-Fi Streifen „TRON“. Er konnte zwar nur mit „Ja“ und „Nein“ antworten, war aber fähig in Sekundenbruchteilen aus einer unglaublich grossen Menge an Daten die entsprechend relevanten Informationen zu finden, um so bei Entscheidungen zu helfen.
Eine solche Entwicklung käme uns insofern entgegen, dass wir es meiner Meinung nach als Gesellschaft verdient hätten, weniger arbeiten zu müssen – bei gleichem Lohn. Wieso? Ganz einfach. Über hundert Jahre nach der industriellen Revolution ist die Produktivität unserer Wirtschaft bedeutend angestiegen.
Theoretisch müssten wir daher auch weniger arbeiten, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Dies würde dann wiederum Freiräume schaffen, um sich weiterzubilden, für andere Menschen da zu sein, sich einer Idee oder einem Projekt zu widmen oder auch einfach mehr Freizeit zu haben, in welcher wir auftanken können, um dann wieder voller Energie und Motivation arbeiten zu gehen.
„Leider steht aber die Gewinnsteigerung meist im Vordergrund und nicht das Wohlergehen der Menschen. Wenn ich schaue, was derzeit abgeht, wie stark Erkrankungen wie Burnout oder Depression angestiegen sind, wäre es wohl höchste Zeit, hier eine Veränderung anzustreben.“
Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Konzept, welches in diese Richtung geht und in der einen oder anderen Form unbedingt kommen muss. Vor allem hier bei uns in der wohlhabenden Schweiz, wo wir es uns mehr als nur leisten könnten, eine (Arbeits-)Welt zu erschaffen, welche das holistische Wohlergehen des Volkes etwas mehr in den Vordergrund stellt als bis jetzt. Ich hoffe sehr, dass dies nicht nur eine optimistische Utopie, sondern eine reale Zukunftsvision ist, die sich erfüllen wird. Weil sie muss, so finde ich.
Andrej, welche Rolle spielen deiner Meinung nach Weiterbildung und Umschulung von berufstätigen Menschen und was empfiehlst du konkret?
Wie schon erwähnt, bedingt die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung eine stete Weiterbildung und Anpassung an die neuen Gegebenheiten. Deshalb bin ich der Meinung, dass Weiterbildung unvermeidbar und elementar ist, um beruflich erfolgreich zu sein.
„Berufe, in welchen wir einmalig etwas lernen und dann nie mehr, gibt es praktisch nicht mehr. Daher erachte ich es für wichtig, dass neben der dritten Säule auch diesem Aspekt Rechnung getragen wird. Indem wir regelmässig einen Teil unseres Lohns für Weiterbildung auf die Seite legen, sind wir gerüstet, damit wir „à jour“ blieben.“
Du bist seit Jahren auch als Dozent tätig. Welches sind deine drei wichtigsten Ratschläge für deine Student*innen?
1. Kenne Dich und Deine Stärken. Überlege Dir was Du gut kannst, was Du gerne tust, was die Welt braucht, und wofür Du bezahlt werden möchtest (Ikigai-Prinzip). Das Ziel muss sein, diese vier Elemente zu gleichen Teilen im Leben zu vereinen. Gemäss diesem Prinzip, wäre das dann die Formel zum „Glücklich sein“.
2. Aus dieser Ikigai-Erkenntnis heraus, könntest Du Dich danach fragen, wie sehr Du all dies mit Deinem aktuellen Beruf vereinbaren kannst und welche Weiterbildung Dich allenfalls näher an Dein Ziel führt. Und bitte immer offen sein. Denn nicht immer ist die naheliegende Lösung auch die Richtige.
3. Sprich mit Menschen, welche dort sind, wo Du hin möchtest. Versuche zu verstehen, welcher Weg dorthin führt und leite davon ab, welche Massnahmen (respektive welche Weiterbildung) Du in Angriff nehmen solltest, um dies zu erreichen.
Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Skills im heutigen Berufsleben?
Anpassungsfähigkeit (Lernfähigkeit), Flexibilität, Empathie und auch noch weitere Soft Skills.
Besonders letztere scheinen auch immer wichtiger zu werden, weshalb es durchaus Sinn machen könnte, sich in einem Gebiet weiterzubilden, welches vielleicht nicht auf den ersten Blick das ist, was mit dem konkreten Berufsbild zusammenpasst. Eine gewisse „geistige Breite“ eröffnet neue Perspektiven und damit auch neue Möglichkeiten.
Wenn du dich auf nur einen Skill fokussieren müsstest, welcher wäre das?
Oh – das ist extrem schwierig, weil ich sehr breit aufgestellt bin und mich vieles interessiert.
Wenn ich aber etwas nennen müsste, dann wäre das wohl der Bereich Video Creation. Weil Video definitiv ein Zukunftsmodell ist. Und vielleicht erweitert, könnte man auch noch den Bereich Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR) nennen. Beides Technologien, welche noch ganz am Anfang stehen und eine grosse Zukunft vor sich haben.
Welche 3 Bücher haben dich am meisten beeinflusst und warum?
Als Kind und Jugendlicher, habe ich Science-Fiction-Literatur geradezu verschlungen. Da ich heute beruflich schon sehr viel lesen muss und mit Text-Inhalten zu tun habe (E-Mails, Webseiten, Fachartikel, Blogartikel, Social Media Posts, Newsletter, Projekte), lese ich natürlich viel weniger.
Interessanterweise helfen mir diese Science-Fiction Geschichten, in dem ich moderne Kommunikations-Technologien und die Veränderungen, welche sie in unserer Gesellschaft bewirken, vielleicht mit etwas mehr Weitsicht betrachte als jemand, der sich nicht so sehr mit technologischem Fortschritt auseinandergesetzt oder gar Angst davor hat. Aus dieser Optik, beobachte ich nun also, wie wir uns langsam, aber sicher den Zuständen nähern, welche visionäre Autoren schon vor langer Zeit vorhergesehen haben. Einige davon haben wir sogar bereits hinter uns. Und deshalb, wenn ich jetzt also drei Bücher nennen muss, dann wären dies wohl folgende:
Otherland von Tad Williams – eine (sehr aktuelle) Zukunftsvision einer hochtechnisierten Welt, in welcher das derzeit vielbesungene Metaverse bereits Realität ist. Und zwar weiter, als es sich viele Leute heute vorstellen können. Um zu verstehen, wohin wir uns mit diesem aktuellen Trend hin bewegen könnten, empfehle ich diese Lektüre sehr. Muss nicht so sein, aber zeigt eine mögliche Zukunft.
Neuromancer von William Gibson – dem Erfinder des Begriffs Cyberspace. Er beschreibt eine Welt, an dessen Anfang wir uns derzeit befinden. Auch hier: Wer sich anschauen möchte, wohin unsere aktuelle Entwicklung durchaus (zumindest teilweise) führen könnte, dem kann ich die Bücher von William Gibson nur wärmstens empfehlen.
Und als drittes vielleicht noch der Popcorn Report von Faith Popcorn, einer Zukunftsforscherin, welche viele der heutigen gesellschaftlichen Entwicklungen schon vor über 30 Jahren vorhergesagt hat. Hier ist es interessant zu lesen, welche der gemachten Prognosen tatsächlich eingetroffen sind. Zukunftsforschung übrigens auch ein Bereich, welcher mich sehr interessiert.
Welchen ausserirdischen Super-Skill hättest du gerne und warum?
Oh – da gäbe es viele… Aber ich denke die Beeinflussung von Gedanken wäre super. Damit könnte ich dazu beitragen, dass wir uns als Menschheit endlich mal anfangen in eine gute, positive Richtung zu bewegen. In meiner Vorstellung könnte ich damit Kriege, Hunger, Rassismus, Ungerechtigkeit, Umweltverschmutzung und einige andere unschöne menschliche „Errungenschaften“ verhindern und helfen, dass unsere Welt endlich besser und das menschliche Leiden verhindert wird.
Lieber Andrej, vielen herzlichen Dank für deine Zeit, es hat Spass gemacht, dich zu interviewen.