Wir stehen vor der grössten Re-/Upskilling-Challenge aller Zeiten: Die Weltwirtschaft beschleunigt sich schneller als je zuvor, neue Technologien halten Einzug in den Alltag und «Remote Work» hat die Mehrheit der Arbeitsplätze einem neuen globalen Wettbewerb ausgesetzt. Krisen wie die Covid-19-Pandemie treiben die digitale Transformation deutlich voran. Das Projektteam hinter der «Swiss Circular Economy of Skills and Competences» ist sich deshalb einig: Es braucht einen Systemwechsel, um den enormen Umschulungs- und Weiterbildungsbedarf von Individuen und Unternehmen zu decken.
Das individuelle Potenzial jeder und jedes Einzelnen müsste freigesetzt werden, um so die führende Position der Schweiz im Bereich Innovation und Bildung zu sichern. Eine neue «Swiss Circular Economy for Skills» könnte die Kluft zwischen Individuen, Unternehmen und Bildungsanbietern schliessen, indem sie die Art und Weise, wie Menschen ihre Fähigkeiten, ihren Karriereweg und ihren lokalen Arbeitsmarkt verstehen, neu erfindet
Kreislaufwirtschaft auf sechs Pfeilern
Die Kreislaufwirtschaft, die sog. «Circular Skill Economy», soll sich auf sechs Pfeiler stützen:
- Gemeinsame Sprache von Skills: um das noch unterschiedliche Verständnis von Personen, Unternehmen und Weiterbildungsanbietern über Skills anzugleichen.
- Hochspezialisiertes Matchmaking: Individuelle Fähigkeiten und Ambitionen werden mit Weiterbildungsmöglichkeiten, Menschen und Jobs auf der ganzen Welt zusammengebracht.
- Beeindruckendes Kompetenzportfolio: Dieses soll das Spektrum der eigenen Fähigkeiten veranschaulichen und aussagekräftiger sein als beispielsweise Zertifikate und Lebensläufe. Das Portfolio ermöglicht die Potenzialentfaltung jeder und jedes Einzelnen und kann «als Schlüssel» in die neue Arbeitswelt eingesetzt werden.
- Digitaler Coach: Dieser unterstützt Lernende ganzheitlich und nachhaltig, so, dass sie ihre Ziele so effizient und effektiv wie möglich erreichen können.
- Neue «Lifelong Learning Communities»: Solche Communities gehen über Lerngruppen, Foren und Alumni-Organisationen hinaus, sie machen «Lifelong Learning» zu einer Gewohnheit.
- Neue Technologien wie NLP, Recommendation engines und Blockchain: Alle Technologien werden auf einer Plattform miteinander verknüpft, sodass ihr volles Potenzial genutzt werden kann.
Grosses Netzwerk
Das Flagship-Konsortium ist als breit gefächertes Netzwerk zusammengesetzt. Es hat Anfang 2022 mit dem Aufbau der «Swiss Circular Economy of Skills and Competences» (SCESC) begonnen. Roman Rietsche des IWI-HSG schildert: «Das Netzwerk vereint exzellentes Fachwissen aus den Bereichen Marktarchitektur, Bildung, Motivationsdesign und Verhaltenswissenschaften und setzt künstliche Intelligenz sinnvoll ein, um eine hohe Wirkung zu erzielen. Die Schnittmenge aus Berufsausbildung, Bildung und Technologieexpertise verfolgt das Ziel, die zukünftige berufliche Kompetenzentwicklung zu fördern. Ausserdem – und das ist wahrscheinlich das Wichtigste – haben wir mit dem Startup «Evrlearn» einen starken Marktführer und eine solide Marktbasis, auf der die Innovation aufbauen kann.» Die Berufsverbände fungieren als wichtige Gatekeeper für die Umsetzung innerhalb des Konsortiums. Ein netzwerkbasiertes Governance-Modell, welches alle Beteiligten einbindet, rundet den umfassenden Ansatz ab.
Prof. Dr. Bernadette Dilger des Instituts für Wirtschaftspädagogik und Bildungsmanagement an der Universität St.Gallen sieht eine grosse Chance darin, dass individuelles Kompetenzentwicklungspotenzial freigesetzt wird. Die Plattform unterstützt das Zusammenfinden individueller Karrierewege mit veränderten Berufsprofilen. Dabei werde die individuelle Transformation mit der Entwicklung von Unternehmen sowie der Transformation des gesamten Berufsbildungssystems und des Arbeitsmarktes verknüpft. Für die Teilnahme an dieser Leitinitiative, die auf die Umgestaltung des Berufsbildungssystems in der Schweiz abzielt, ist ihr Team sehr dankbar.
Selbstverwirklichung und Individualisierung spielen in der heutigen Zeit eine immer wichtigere Rolle, findet Dominik Pfütze, Doktorand an der Universität St.Gallen. So werden Social-Media-Präsenz, Sportaktivitäten und Essensgewohnheiten an individuelle Vorlieben angepasst. Warum passen Menschen nicht auch ihre Ausbildung an eigene Präferenzen an? Dominik Pfütze erachtet das interdisziplinäre SCESC-Projekt als einen vorbildhaften Schritt in Richtung massgeschneiderte Ausbildung.
Prof. Dr. Katrin Kraus der Universität Zürich ist der Meinung, dass für den Erfolg einer breit angelegten Initiative zur Höherqualifizierung in der Schweiz eine starke Verknüpfung zwischen innovativen Ansätzen und dem traditionellen Berufsbildungssystem entscheidend ist. SCESC suche auf vielversprechende Weise nach diesem Gleichgewicht.
Claudia Beutter des IAP ZHAW sieht in einer Kreislaufwirtschaft nebst der individuellen Förderung des Zugangs zum Lernen auch einen Lerneffekt auf die Projekt-Beteiligten: Netzwerkfähigkeit und Kooperation als strategische Kompetenzen, die für eine qualitativ hochstehende und innovative Schweizer Wirtschaft aber auch für die Bildungslandschaft zentral seien.
Prof. Dr. Antje Barabasch und die EHB freuen sich sehr über die Möglichkeit, ihr Wissen über innovative Lernkulturen in der Berufsbildung auf die betriebliche Erwachsenenbildung auszuweiten und nützliche Instrumente und Lernkonzepte für eine bessere Entwicklung der individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten zu entwickeln.
Zum Flagship-Konsortium zählen:
Forschungspartner
- École Polytechnique Fédérale de Lausanne, Digital Vocational Education and Training Laboratory (D-VET) (Prof. Dr. Tanja Käser)
- École Polytechnique Fédérale de Lausanne, Natural Language Processing Laboratory (UPBOSSELUT) (Prof. Dr. Antoine Bosselut)
- Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St.Gallen (IWI-HSG) (Dr. Roman Rietsche)
- Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität St.Gallen (IWP-HSG) (Prof. Dr. Bernadette Dilger)
- Swiss Federal University for Vocational Education and Training (Prof. Dr. Antje Barabasch)
- University of Zurich, Institute of Education, Chair for Vocational Education and Training & Adult Education (Prof. Dr. Katrin Kraus)
- Zurich Universities of Applied Sciences, Institute for Applied Psychology (Prof. Dr. Christoph Negri)
Implementierungspartner
- Evrlearn AG
- Axelra AG
Verbände
- KV Schweiz (Amalia Zurkirchen, Ursula Häfliger)
- SwissBanking (Dr. Alexandra Steinberg)
- Arbeitgeber Banken (Dr. Balz Stückelberger)
- SwissICT (Christian Hunziker)
- SwissMem (Dr. Sonja Studer)