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INTRO
Daniel: Ich freue mich, heute Joël Luc Cachelin als Gesprächspartner zu haben. Joël ist der Zukunftsforscher der Schweiz und Gründer und Inhaber der Wissensfabrik. Mit seiner Wissensfabrik inspiriert und begleitet er Firmen in Zukunftsfragen. Joël schreibt daneben Bücher und Blogartikel und ist gern gesehener Gast an Konferenzen wie auch im SRF Club zum Thema Digitale Transformation. Darüber hinaus ist er als «Digital Shaper» auserkoren worden von digitalswitzerland. Er ist in Bern geboren und hat an der HSG studiert und promoviert und hat Weiterbildungen in St. Gallen, Bern und an der HWZ Zürich absolviert. Letztes Jahr hat er ein Geschichtsstudium in Angriff genommen an der Universität Luzern. Dies bringt mich auch gleich zur ersten Frage: Was treibt einen Zukunftsforscher an, ein Geschichtsstudium zu absolvieren, Joël?
Joël: Ich habe gemerkt, dass ich einerseits verstehen möchte, wie Dinge entstanden sind, die Ursprünge von Entwicklungen und auch Trends. Und andererseits hatte ich auch ein bisschen die Sehnsucht, wieder etwas wissenschaftlicher arbeiten zu können. Und das lässt sich eigentlich relativ gut kombinieren durch ein Geschichtsstudium.
WAHL DER WEITERBILDUNG
Daniel: Darf ich fragen, was war dein Prozess für den Entscheid für eine Weiterbildung? Ich habe gesehen, du bist ein bisschen ein Weiterbildungs-Profi, bei dir gehört das völlig zum Lebenslauf dazu. Wie gehst du an so ein Thema heran, wenn du dich für etwas entscheiden willst? Woher kommt die Motivation, wie startest du dann und wie sieht der Prozess aus? Vielleicht kannst du dazu einen Eindruck geben.
Joël: Es gibt nicht so eine klare Systematik. Jetzt im Falle der Geschichte habe ich gemerkt, dass ich mich ein bisschen mit dem Geschäft verändern will oder verändern möchte. Als ich angefangen habe mit der Wissenfabrik war ich relativ neu und allein mit dem Thema Digitalisierung, und in den letzten zehn Jahren sind natürlich sehr viele andere Wettbewerber und Leute in den Markt oder ins Thema hereingekommen. Als Trendforscher muss ich mich natürlich immer bewegen und meine Perspektive verändern, und das war eigentlich der Anlass, wieder etwas zu tun. Wenn ich mich dann entschieden habe, etwas zu tun, recherchiere ich mehr oder weniger systematisch, prüfe, welche Anbieter in Frage kommen. Bei den Unis habe ich sicher geschaut, wie diese Lehrgänge aufgebaut sind, wo kann ich einsteigen, was für Vorleistungen muss ich erbringen. Für mich sind immer einerseits die Kurse wichtig, die angeboten werden, also thematisch, andererseits aber auch, welche Personen dahinterstecken. Da prüfe ich vielleicht auch einmal die Biografie von zwei, drei Personen, die in diesen Lehrgängen engagiert sind.
Daniel: Also nicht nur Inhalt, sondern auch wer den Inhalt überliefert.
Joël: Absolut, ja. Es kann durchaus sein, dass dann eben die Personen wichtiger sind als die Themen. Die Themen sind ja häufig überall von den Anbietern ähnlich ausgeschrieben und umso wichtiger werden dann die Biografien oder die Hintergründe der Personen.
MOTIVATION ZUR WEITERBILDUNG
Daniel: Und die Motivation, so wie du sie beschrieben hast, kommt aus dem Marktdruck heraus? So ein bisschen das Thema «am Ball bleiben»?
Joël: Ja, es ist sicher beides. Am Ball bleiben, einen Schritt voraus sein, das ist sicher eine Motivation. Aber ich glaube bei mir, wie bei vielen anderen sicher auch, ist es auch etwas, das von innen herauskommt, dass man eine Leidenschaft für ein Thema hat, oder merkt, man möchte sich verändern. Deswegen würde ich sagen, es ist immer eine Kombination von aussen und innen.
Daniel: Intrinsische und extrinsische Motivation?
Joël: Genau.
Daniel: Vielleicht hier nochmals die Nachfrage: Was meinst du, woher kommt bei dir die intrinsische Motivation? Ist das irgendwie ganz tief drin, von früher her, oder woher hast du diesen Drang – offensichtlich, mit der jetzt bereits vierten Weiterbildung in den letzten 10 Jahren?
Joël: [lacht] Ja, ich glaube es ist einerseits eine Neugierde. Versuchen, die Welt zu verstehen, Zusammenhänge zu entdecken, das ist das eine. Und wahrscheinlich bin ich von der Persönlichkeit her auch eine etwas unruhige Person, die sich relativ schnell auch in einem Thema langweilt. Das ist wahrscheinlich auch Teil dieser intrinsischen Motivation: Die Lust, etwas Neues entdecken zu können.
WICHTIGSTES LEARNING
Daniel: Das bringt mich gleich zur nächsten Frage. Diese Frage stelle ich allen in unserem Podcast: Was ist das Wichtigste, dass du in deinem Leben gelernt hast?
Joël: Ich finde das noch eine schwierige Frage und kann sie eigentlich gar nicht so fachlich beantworten. Was ich gelernt habe, und das ist vielleicht ein bisschen Lebensphilosophie, ist, dass es sich lohnt, seinen eigenen Weg zu gehen. Dass es manchmal schwierig und mühsam ist, aber ich habe die Erfahrung gemacht in den letzten 10, 15 Jahren, dass es sich lohnt, in sich hineinzuhorchen, zu spüren, was interessiert mich, wie möchte ich die Dinge angehen. Und das Leben zahlt diese Eigenständigkeit glaube ich auch zurück. Und vielleicht mehr auf der inhaltlichen Ebene, was mich geprägt hat, ist ein bestimmtes Buch und damit auch eine Begegnung mit einem Professor an der Uni während dem Studium, das war «Die Multioptionsgesellschaft» von Peter Gross. Das war in den letzten 10 Jahren immer wieder ein Orientierungspunkt, um Dinge zu denken, auch dieser Gegensatz von Möglichkeiten, also was ist eigentlich möglich und was wird nun tatsächlich Wirklichkeit.
SCHWEIZ UND LIFELONG LEARNING
Daniel: Auf einer Skala von 1-10, wo befindet sich deiner Meinung nach, Joël, die Schweiz hinsichtlich lebenslangem Lernen?
Joël: Ich sehe da schon noch relativ viel Potenzial. Wenn ich das streng beurteile, würde ich sagen, wir sind so zwischen drei und vier. Zwar gibt es schon sehr viele Angebote und viele Leute bilden sich immer wieder mal weiter. Aber ich denke, dass das einerseits noch nicht tatsächlich im Alltag, auch im Alltag der Firmen, angekommen ist, dieses selbstverständliche, lustvolle Dazulernen. Und andererseits glaube ich, dass es noch an Mut fehlt, ein Leben nochmals in der Mitte neu anzufangen, also Thema Zweitstudium oder Zweitausbildung. Das ist ein Thema, dass an Bedeutung gewinnen wird, wo wir noch nicht so weit sind. Und was ich selbst beobachtet habe in den letzten Jahren, durch die Weiterbildungen die ich gemacht habe: Rein methodisch oder auch von der Infrastruktur her, wie wird Weiterbildung heute gedacht oder angeboten, da gibt es schon noch relativ viel Spielraum nach oben. Dort sind wir zum Teil schon noch sehr im industriellen Zeitalter unterwegs, mit sehr klassischen Lern- und Lehrformaten und auch Rollenverteilungen.
INTRINSISCHE LUST UND MÖGLICHKEITEN IN UNTERNEHMEN
Daniel: Du hast hier in einem Wisch gleich drei spannende Themen aufgebracht. Das erste, diese selbstverständliche Lust, das gehört meiner Meinung nach schon sehr zur intrinsischen Motivation eines Jeden. Wie kann diese gefördert werden? Wie kann ich sie persönlich bei mir hervorholen, was braucht es dazu?
Joël: Es ist auch hier eine Kombination von innen und aussen. Diese Lust läuft über die Selbstreflexion, über Lesen, über Filme schauen, über das Reisen. Ich bin im Moment bei dieser Aufräum-Coachin Marie Kondo gelandet und befasse mich mit ihren Gedanken. Das finde ich schon auch spannend, weil sie macht sich sehr stark dafür, dass man sein Leben aufräumt, sein Büro, seine Dateien, seine Kleider und so weiter, und sagt, man soll nur das behalten, was einem wirklich Freude macht. Das ist vielleicht auch ein Hinweis: Wenn man sein Leben aufräumt, dann gibt’s plötzlich mehr Raum oder mehr Zeit, um sich vielleicht mit Dingen zu beschäftigen, die man bisher verdrängt hat oder gar nicht wusste, dass die in einem vorhanden sind. Und wenn ich ans Externe denke: Das ist vielleicht ein bisschen idealistisch oder utopisch formuliert, aber angenommen, jedes Unternehmen würde seinen Mitarbeitern einen Tag pro Woche die Gelegenheit schenken, um zu lernen, zu lesen, Ausflüge zu machen, Dinge zu entdecken – das gibt schon auch nochmal andere Anreize, als wenn man die ganze Woche durch in Meetings, Calls und Email-Stafetten gefangen ist.
Daniel: Höre ich richtig, dass du hier das Beispiel Google ansprichst, wo sehr viele von ihren spannenden Produkten in diesen 20% stattgefunden haben oder gestartet wurden, die alle Google Mitarbeiter zur Verfügung haben für eigene Aktivitäten, eigene persönliche Weiterentwicklung, eigene Produkte, dieses Thema?
Joël: Ja, wobei das ist so die Silicon Valley-Variante, wo diese freie Zeit dann wahrscheinlich sehr stark auch sofort in eine marktfähige Innovation übersetzt werden muss. Ich kann mir das schon ein bisschen weniger marktnah vorstellen, wo man sagt, du musst in dieser Zeit nicht unbedingt Innovation generieren, sondern es geht wirklich darum, dich selber zu entdecken, mit anderen Unternehmen auszutauschen, deine Energie aufzuladen und so weiter.
MARIE KONDO UND MUT, NEU ZU STARTEN
Daniel: Dann dein Beispiel Marie Kondo. Ich kenne sie auch gut, weil meine Frau sich sehr stark sich mit ihr beschäftigt hat. Es ging dann so weit, dass wir auch unseren Kleiderschrank ausgemistet und alles weggeworfen haben, was nicht wirklich «Joy» bringt, wie sie so schön sagt. Je nach Leseart kann man das dann soweit drehen, dass man eben halt auch den Job ausmistet, den aktuellen Beruf, die aktuelle Berufung. Und damit kommen wir auf den zweiten Punkt, den du vorhin angesprochen hast: dieses Nicht-Getrauen, etwas Neues auszuprobieren. Wenn man 15 Jahre den gleichen Job gemacht hat und dann trotzdem findet, Nein, ich habe diese Ausbildung gemacht, ich gehe jetzt diesen Weg weiter – egal, wie viel Freude ich darin habe. Deshalb hier die Rückfrage: Woran liegt denn das, dass die Leute nicht bereit sind, diesen Schritt zu wagen? Ist das Statusangst, dass man zurück gehen muss an den Anfang, oder was sind hier die Gründe?
Joël: Vielleicht ganz kurz noch zurück zu Marie Kondo, die hat ja gerade ein Buch geschrieben, in dem es über das Aufräumen in der Arbeitswelt geht. Und was ich spannend fand, ist, dass die Beispiele, die dort versammelt sind, nicht immer darauf abzielen, dass die Leute dann den Beruf wechseln, sondern dass sie eigentlich aussortieren, welche Tätigkeiten, welche Aktivitäten, welche Kontakte ihnen Freude bringen und welche sie stressen, und dann dort versuchen aufzuräumen. Und in dem man in diesen Bereichen gewisse Entscheide trifft oder Dinge anspricht, hat man wieder mehr Freude und muss gar nicht unbedingt den Job wechseln. Zur anderen Frage: Ich glaube, es hat damit zu tun, dass man seine eigene Unzufriedenheit vielleicht gar nicht erkennt, da wären wir beim Thema Aufräumen. Und es hat natürlich nach wie vor eine Komponente von sozialer Erwünschtheit: Es braucht auch Mut, mit 40 zu sagen ich beginne nochmals von vorne. Vielleicht wechsle ich auch aus einem akademischen Beruf in einen handwerklichen oder künstlerischen Beruf, dann ist diese Hürde nochmals grösser. Und es braucht natürlich eine gewisse Vorleistung. Wenn ich jetzt Gärtner werden oder Patisserie machen würde, das sind manchmal so wilde Gedanken die ich habe, dann heisst es natürlich schon, je nach dem zwei, drei Jahre Stopp Ertrag und wieder in eine Aus- und Weiterbildung zu gehen. Und wenn ich dann noch Familie habe oder Eltern, um die ich mich sorgen möchte, dann wird’s nochmals schwieriger, diesen Cut zu machen.
Daniel: Genau, das ist die eine Seite. Oder dann eben die andere Seite, dass man vielleicht mit 35 gar nicht mehr erwünscht ist in einer Patisserie-Lehre. Dass man kritisch beäugt wird, weshalb jetzt dieser Weg eingeschlagen wird. Das Kritische, wieder von der Gesellschaft vorgegebene, das ja auch ein bisschen schwierig ist.
Joël: Das kann ich gar nicht so beurteilen, aber das stimmt natürlich. Wobei ich gehe sehr stark davon aus, dass dieses Thema Zweitausbildung oder Zweitstudium an Bedeutung gewinnen wird. Vor allem auch noch kombiniert mit dem Thema demografischer Wandel. Das hat man heute vielleicht nicht so auf dem Radar, weil wir sehr viel über Digitalisierung sprechen. Aber angenommen unsere Berufsbiografien werden in Zukunft 50 oder sogar 100 Jahre alt, dann wird das glaube ich ganz normal, dass man nicht sein Leben lang den gleichen Beruf ausüben will.
Daniel: Also weil wir länger arbeiten: Wenn ich bis 75 arbeite, dann wird der gleiche Job über die Dauer immer länger. Und obendrauf wahrscheinlich auch das Zeitalter, in dem wir leben, das ja viel beschleunigter wird?
Joël: Genau! Der Beruf verändert sich, die Unternehmen verändert sich, ich selber verändere mich, was die Maschinen können, verändert sich.
EMPFEHLUNGEN FÜR WAHL DER WEITERBILDUNG
Daniel: Vielleicht noch ein bisschen konkreter. Gemäss Staatssekretärin für Bildung, Martina Hirayama, ist die Weiterbildung eine Pflicht eines Jeden und einer Jeder. Welche Empfehlung gibst du jedem hinsichtlich Weiterbildung? Das Spannungsfeld, das ich ansprechen will: Du hast vorhin ein bisschen deinen Prozess erläutert, aber kannst du mir grundsätzlich eine Idee geben, wie eine Person das Thema angehen sollte, was man unternehmen soll, um eine Weiterbildung in Angriff zu nehmen? Ich gehe davon aus, dass du allen empfiehlst, sich laufend weiterzubilden?
Joël: Ja klar! Ich würde schon sagen, dass das etwas Schönes und Wichtiges und Nützliches ist. Aber wie man das genau macht, finde ich noch schwierig, weil jeder Mensch anders ist. Ich glaube, es braucht einen Grundsatzentscheid, dann macht man vielleicht eine Liste mit möglichen Angeboten oder Wegen, die in Frage kommen. Und dann macht es schon Sinn, wenn man sich für etwas entschieden hat, zu prüfen, wer bietet was an, wo sind die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Angeboten und vor allem eben auch welche Personen sind involviert? Und sich dann auch entlang von Personen und nicht nur von Angeboten oder Instituten schlau machen im Internet.
NOTWENDIGKEIT EINER WEITERBILDUNG
Daniel: In einer Schweizer Deloitte Studie, die das Thema Weiterbildung von Herr und Frau Schweizer analysiert hat, wurde die Frage gestellt, ob in den letzten 12 Monaten Weiterbildungen vorgenommen wurden. Bei denjenigen Befragten, die keine Weiterbildung besucht hatten, kam als nächstes die Nachfrage, weshalb nicht. Und ein Mehr von diesen Befragten, konkret 53%, haben gesagt, sie sehen keine Notwendigkeit. Als ich das gelesen habe, war ich ziemlich überrascht. Überall in den Medien ist zu lesen von Reskilling, Upskilling, Automatisierung, Digitale Transformation, alles wird beschleunigt, können die Leute denn überhaupt noch mitkommen. Und gleichzeitig sehen mehr als die Hälfte, die keine Weiterbildung gemacht haben, keine wirkliche Notwendigkeit, sich weiterbilden zu lassen. Wie ordnest du diese Aussage ein?
Joël: Das ist auf den ersten Blick natürlich erstaunlich. Ich glaube, es gibt da verschiedene Gründe. Einer könnte sein, dass es uns einfach zu gut geht. Dass die Arbeitsverhältnisse relativ sicher sind und wir nicht diese Plattformökonomie haben wie in den USA, beispielsweise. Dass vielleicht auch die Arbeitgeber tatsächlich fürsorglich nachhaltig sind und nicht sofort alle entlassen, sondern prüfen, wo man jemanden sonst noch einsetzen kann. Eine zweite These wäre, dass Weiterbildung am Schluss halt doch ein relativ elitäres Phänomen ist. Dass es etwas ist, das gar nicht für alle Menschen möglich oder zugänglich ist, sondern eher für sehr gut gebildete Menschen. Dann würde das Matthäus-Prinzip zu tragen kommen: Wer schon gut gebildet ist, erhält noch mehr Weiterbildung. Und eine dritte These könnte sein, dass die Menschen bequem sind. Wie wir vorhin gesagt haben, es braucht schon Mut und die finanziellen Möglichkeiten, um sich aus dem Alltag zu befreien und in seine Zukunft zu investieren. Und wir wissen aus den letzten Jahren im Umgang mit der Digitalisierung, dass es schwierig ist, Gewohnheiten aufzubrechen und seinen etablierten Weg zu verlassen. Und je aufwendiger oder krasser der Wechsel ist, desto mehr muss ich mich natürlich aus meiner Komfortzone bewegen und mich trauen, nochmals neu anzufangen.
Daniel: Erstaunlich ist, dass die Unternehmen das 100% anders sehen. In einer anderen Studie wurden die Unternehmen befragt, wie sie das sehen bzgl. Weiterentwicklung des Personals. Alle Befragten sagten, dass es absolut notwendig ist, dass das Personal sich weiterbildet, und dass man das auch aktiviert, motiviert und finanziell unterstützt. Kannst du dir diese Diskrepanz erklären, dass die Mitarbeitenden zum Teil keine Notwendigkeit sehen und die Unternehmen selber schon? Sind die Unternehmen denn einfach schon viel weiter voraus als die Mitarbeitenden? Gerade du als Zukunftsforscher kannst das wahrscheinlich sehr gut beurteilen.
Joël: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, es hat damit zu tun, dass die Unternehmen beim Thema Humankapital die Mitarbeitenden gewissermassen auch als Ressource sehen und dann erwarten, dass diese Ressource sich dem Markt anpasst. Ich glaube auch, dass es in dieser Frage – auch wenn ich die Studie nicht genau kenne – so etwas wie soziale Erwünschtheit gibt im Antwortverhalten. Natürlich wird ein Unternehmen antworten, Ja, Weiterbildung ist mir wichtig und ich investiere in meine Mitarbeitenden und zahle Weiterbildungen und so weiter. Wenn wir dann aber im Detail hinschauen, ob die Unternehmen wirklich bereit sind, das Thema Weiterbildung gross zu machen, bin ich nicht mehr ganz so sicher, ob dass der Fall ist, weil es aufwendig ist in Bezug auf Geld und weil man sehr flexibel sein muss, wenn man Mitarbeitenden eine Weiterbildung anbieten möchte. Gerade wenn wir an innovativere Modelle denken, sind die Unternehmen sehr konservativ unterwegs. Stichwort ein Tag pro Woche zum Lernen zur Verfügung stellen, ein Zweitstudium unterstützen, Jobtausch ermöglichen oder auch Karriere oder Weiterbildung über Unternehmensgrenzen hinweg anbieten. Da komme ich wieder zu meiner Beurteilung drei bis vier und nicht 10.
Daniel: Dass die Unternehmen ihre Verantwortung da eigentlich nicht vollends wahrnehmen und ausschöpfen?
Joël: Ja. Oder auch einfach versuchen, die Dinge wie früher zu halten oder unter Kontrolle zu halten und nicht zu viele Freiräume oder Querräume zu ermöglichen.
KOMPETENZEN DER ZUKUNFT
Daniel: Wenn wir gerade hier bleiben bei den Unternehmen und den Mitarbeitenden, alle beschäftigen sich mit der Frage, wohin die Reise geht bzgl. Kompetenzen und Fähigkeiten. Wir haben intern selbst die Analyse erstellt, dass wir glauben, dass die Leute zum Teil auch einfach ein bisschen überfordert sind mit der Frage, welche Weiterbildung sie jetzt in Angriff nehmen sollen, wo die Reise denn wirklich hingeht, auf welches Kompetenz-Pferd man setzen soll oder – so wie du, Joël, vorhin gesagt hast – das Thema etwas grundsätzlich Neues zu machen, wenn man sieht, dass Jobs in eine Sackgasse führen. Kannst du denn als Zukunftsforscher Fähigkeiten voraussagen? Wenn man von Reskilling und Upskilling spricht, sieht man jetzt schon gewisse Trends am Horizont?
Joël: Ich kann die Frage nicht klar mit Ja oder Nein beantworten. Es gibt niemanden, der eine Glaskugel hat und sehen kann, ob es jetzt in 10 Jahren bspw. diese selbstfahrenden Autos geben wird oder nicht. Aber es gibt schon Dinge, die relativ stabil sind und die eine Orientierung ermöglichen. Das ist zum einen die eigene Person, und die ist schon sehr wichtig als Kompass um zu erkennen, was wichtig oder interessant sein könnte, um sich weiterzubilden. Wo wir jedoch viel Klarheit haben, ist im Bereich der überfachlichen Kompetenzen. Es ist offensichtlich, dass Fähigkeiten wie Selbstständiges Lernen und Recherchieren oder kommunikative Fähigkeiten, Kreativität, mit unterschiedlichen Menschen zusammenarbeiten und so weiter, dass diese überfachlichen Kompetenzen an Bedeutung gewinnen. Und es gibt auch eine relativ grosse Stabilität in diesen Metatrends: Wir haben viel über Digitalisierung gesprochen, aber es gibt auch noch zwei prominente andere. Das eine ist das Thema demografischer Wandel. Es ist offensichtlich, dass wir uns in einer Gesellschaft bewegen, in der wir viel mehr ältere Menschen haben werden und wo sich das Verhältnis von Jung und Alt verändert, was wiederum gewisse Herausforderungen gesellschaftlicher und wirtschaftliche Natur bringt. Das andere Thema ist die grüne Transformation, also mehr Nachhaltigkeit, Green New Deal. Das ergibt drei weitere Orientierungspunkte um zu überlegen, wie ich mich weiterbilden könnte oder möchte. Und ich kann mir vorstellen, dass es gerade jenseits der Digitalisierung interessant wird, weil diese Kompetenzprofile im Bereich Gesellschaft der Hundertjährigen und grüne Transformation gefragt sein werden, und es aktuell noch nicht so viele davon gibt.
Daniel: Umgemünzt auf Fähigkeiten bedeutet dies konkret?
Joël: Bei den Fähigkeiten sind es die überfachlichen, die wichtig sind. Ob ich dann meine überfachliche Kompetenz Recherchieren mit Digitalisierung oder demografischem Wandel oder grüne Transformation verknüpfe, spielt – glaube ich – nicht so eine Rolle.
Daniel: Also nicht so das Klassische beim Thema demografischer Wandel: Die Menschen werden älter, sie sind deshalb pflegebedürftiger. Also ist der Pflegeberuf ein Skill, der bleiben wird?
Joël: Doch schon, aber das ist ein kleiner Teil. Nehmen wir Gesellschaft der Hundertjährigen: Heisst konkret, dass sich Mobilität verändern wird, dass sich Einkaufen verändern wird, Siedlungen und Quartiere werden sich wahrscheinlich verändern, Kinos und Theater. Wie wir das in den letzten Jahren mit der Digitalisierung gemacht haben, die wir auf alle Lebensbereiche und Berufe projiziert haben, kann man ganz genau dasselbe machen mit demografischer Wandel und grüne Transformation. Und das macht meiner Meinung nach im Moment noch niemand wirklich.
Daniel: Vor allem ist immer noch der Fokus auf Digitalisierung und zu wenig auf Demografie und grüne Welle.
Joël: Ja, würde ich behaupten.
Daniel: Und dann, wie so oft bei diesem Thema, ist es immer viel einfacher vorauszusagen, was es nicht mehr geben wird, und viel schwieriger vorherzusagen, was es Neues gibt, das das ersetzt, oder?
Joël: Ja, das habe ich noch nie so betrachtet, aber das kann sein. Wie gesagt, es weiss ja niemand genau, was in 10, 15 Jahren sein wird. Es gibt aber diese grossen Entwicklungsrichtungen, die aber, wie wir jetzt mit Corona sehen, auch kurzfristig zumindest unterbrochen oder in Frage gestellt werden können.
Daniel: … zum anderen auch beschleunigt werden.
Joël: Genau.
KOMPETENZEN DER ZUKUNFT
Daniel: Um jetzt den Bogen zu spannen grundsätzlich zur Wirtschaft und zu den Unternehmen. Wir haben es vorhin schon kurz angesprochen, diese Anstrengung, die jede Einzelne, jeder Einzelne hinsichtlich Weiterbildung, lebenslanges Lernen, unternimmt, die muss auch Niederschlag finden in den Firmen und HR-Abteilungen. Gerade im Hinblick auf das, was du vorhin gesagt hast: Es gibt ein Meer von Weiterbildungsangeboten in diesen überfachlichen Kompetenzen, aber wenn ich einen Kurs besuche und dieses selbstständige Lernen auf die Spitze treibe, wird eine solche Ausbildung, zumindest in meiner Wahrnehmung, heute noch nicht so wirklich akzeptiert in den HR-Abteilungen. Es hat noch nicht den Stellenwert wie ein Master an der Universität St. Gallen oder ein CAS an der ZHAW oder so. Was braucht es, dass dieses Umdenken auch in den Firmen stattfindet? Dass sie damit umgehen lernen, dass es heute viele neue Weiterbildungen gibt, die gerade diese Zukunftsthemen viel stärker aufnehmen und uns weiterbringen als zum Beispiel andere, klassische Weiterbildungsangebote?
Joël: Ich glaube, am Schluss ist es eine kulturelle Frage: Wie stark lebt man das Thema Lernen und Weiterbildung im Alltag? Wie viele Freiräume erhalten Mitarbeitende? Welche Angebote machen Unternehmen, institutionalisiert man auch kleines Lernen wie Zugänge zu Online-Akademien, Talks, Austausch, Speed Dating über den Mittag – das sind auch einfache Lernformen, die man im Unternehmen etablieren kann. Ich kann mir auch vorstellen, dass dieses kulturelle Thema dann durch eine neue Generation von HR-Leiterinnen und HR-Leitern und überhaupt Führungskräften auch selbstverständlicher wird. Umgekehrt spricht natürlich der Markt; Ich glaube, dass auch in 10, 15 Jahren ein Abschluss einer stark positionierten Universität oder Schule, das kann durchaus auch ein neuer Player sein, seine Bedeutung haben wird, weil es eine Orientierungshilfe ist in einem, wie du selbst gesagt hast, sehr grossen Angebot an Möglichkeiten zur Bildung und Weiterbildung.
Daniel: Das haben wir jetzt schon ein paar Mal angesprochen, diese Orientierungshilfe. Und die beginnt, wie du vorhin schon gesagt hast, bei der Selbstreflexion. Jeder muss in sich selber zuerst finden, was er eigentlich will. Und hier ist der Ansatz von Marie Kondo wahrscheinlich nicht schlecht, herauszufinden, was man den eigentlich gerne macht – also nicht den Beruf zu hinterfragen, sondern die einzelnen Tätigkeiten über den ganzen Tag verteilt. Was mache ich eigentlich den ganzen Tag, auf was freue ich mich, was schiebe ich laufend heraus und will es eigentlich gar nicht angehen.
Joël: Und was kostet mich Energie und was nicht.
LERNVERTRÄGE
Daniel: Du hast in einem Blogbeitrag das Thema Lernverträge aufgebracht, die Arbeitsverträge ersetzen sollten. Worum geht es denn in einem solchen Lernvertrag und welches Problem soll dieser beheben?
Joël: Ein Problem ist wirklich das, was du vorhin angesprochen hast: Wie können alternative Formen der Weiterbildung gestärkt werden? Wie kann man Mitarbeitende stärker in die Pflicht nehmen, sich weiterzubilden? Du hast das ja auch angesprochen mit dieser Studie. Und ich bin mir auch nicht sicher, wie das dann praktisch funktionierten könnte. Ich denke, es geht um eine gegenseitige Verpflichtung von Mitarbeitenden und Unternehmen – also das Unternehmen schenkt oder zahlt mir einen Teil des Lohns in Form von Zeit oder Geld für Weiterbildungen. Vielleicht ist dieses Geld dann auch tatsächlich parkiert auf einem Weiterbildungs-Konto. Es gibt auch Überlegungen, so eine 3. Säule B oder W zu machen, wo dieses Geld parkiert ist. Und umgekehrt verpflichte ich mich als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter, mir Zeit zu nehmen und in meine Zukunft zu investieren durch unterschiedliche Formen der Weiterbildung. Vielleicht gibt es auch eine Verpflichtung, dass ich die neu erworbenen Fähigkeiten und das Wissen mit meinem Team oder meiner Organisation teile, durch Podcasts, Videos, Texte oder durch einen Vortrag, den ich organisiere.
Daniel: Gibt es konkrete Beispiele von Firmen, die dies bereits machen, auch ausserhalb der Schweiz? Gerade auch dieses parkierte Geld auf einem Konto finde ich einen sehr spannenden Ansatz. Oder wenn man von «Säule» redet, ist es dann schnell auch ein politisches Thema. Wer ist hier in der Pflicht: Ist es das Unternehmen, dass dies pushen muss, oder braucht es auch von der Gesellschaft und dadurch von der Politik diesen Push hinsichtlich Weiterbildung und lebenslanges Lernen?
Joël: Das weisst du wahrscheinlich besser, ob es diese Lernverträge tatsächlich schon so umgesetzt gibt oder nicht. Mir ist kein Beispiel bekannt, aber ich habe auch nie wirklich systematisch danach gesucht.
Daniel: Ich habe noch nie von einem Betrieb gehört, der dies so systematisch macht. Das Weiterbildungs-Thema ja, aber nicht in Rahmen einer Verpflichtung oder nur schon in einem LOI, einem «letter of intent»; eine Absichtserklärung wäre ja eigentlich schon sehr viel. Das habe ich so noch nie gehört. Aber das Spannende an diesem Thema ist für mich vor allem das Signatorische daran, das vertragliche Element. Da kann man bereits beim Start in einen neuen Beruf eine Kultur zementieren oder hinkriegen, das ist enorm spannend an diesem Ansatz.
Joël: Absolut. Es ist wie eine gegenseitige Verpflichtung, eine gegenseitige Investition in die Zukunft.
ENDE DER KLASSISCHEN KARRIERELEITER
Daniel: Das bringt mich zum weiteren Thema. Ich glaube, das habe ich auch in deinem Blogbeitrag herausgehört, das Infragestellen der klassischen Karriereleiter. Ich habe das mal für mich selbst so beschrieben: Früher hatte man auf höherer Stufe eine Führungsposition inne und dann wollte man einen Schritt weitergehen. Dann ist man an die eigene oder eine neue Universität zurück, vielleicht sogar international und hoch dotiert, hat dort einen MBA besucht, ist zurückgekommen und hat dann, mehr oder weniger automatisch, eine höhere Führungsposition erklommen. Und runtergebrochen auf die einzelnen Berufe hatte sich das ein bisschen als Standard durchgesetzt. Nun meine erste Frage: Ist das heute noch der Fall, gibt es diese klassische Karriereleiter überhaupt noch? Hat es bereits ausgedient oder befinden wir uns nun in einem Prozess, wo das langsam aber sicher an den Rand gedrängt wird? Und dann die nächste Frage: Durch was wird das Ganze ersetzt? Das ist wahrscheinlich fast die spannendste Frage.
Joël: Theoretisch hat es schon ausgedient, oder es gibt unterschiedliche Gründe, die ein Ende nahelegen. Bspw. das Thema demografischer Wandel: Viele Positionen sind einfach verstopft, weil dort im Moment ältere Menschen drauf sind und vermutlich auch noch die nächsten 10, 20 Jahre drauf sitzen werden, insbesondere in den Verwaltungsräten. Wir haben auch neue Organisationsstrukturen, die sich zwar noch nicht völlig durchsetzen, aber es gibt viele Unternehmen, die bereits parallel Netzwerkorganisationen und hierarchische Organisationen sind. Wir haben Loyalität, die anders definiert wird von den Mitarbeitenden. Ich glaube, dass es heutzutage sehr wenige Menschen gibt, die sich vorstellen können, das ganze Leben lang den selben Beruf zu machen und im selben Unternehmen zu arbeiten. Und wir haben das Thema «Purpose», das wichtiger wird: Mitarbeitende wollen Sinn bei der Arbeit erfahren können oder etwas Gutes für die Welt, für die Gesellschaft tun. All diese Gründe, wahrscheinlich gibt’s noch weitere, sprechen schon dafür, dass wir Karriere wahrscheinlich anders denken. Andererseits haben wir parallel auch andere Gründe, die dafürsprechen, dass sich die Karrieren und die Organisationsstrukturen noch halten. Die Hierarchie ist wie ein Skelett für Unternehmen, das Sicherheit und Stabilität stiftet. Und natürlich scheut man sich davor, dieses Skelett aus den Unternehmen herauszuziehen oder herauszubrechen. Dann hatten wir auch schon dieses Thema der sozialen Erwünschtheit: Natürlich ist dieses klassische Modell immer noch beliebt, die Karriereleiter hochzusteigen und vielleicht mehr Geld zu verdienen, mehr Verantwortung zu haben. Und wenn ich da aussteige, dann zeige ich ja vielleicht auch, dass ich eher an einem alternativen Leben interessiert bin oder mich nicht so verhalten will wie die Mehrheit. Ich würde auch das Thema «Boys Club» nicht unterschätzen, dieses Zusammenspannen der älteren Herren, die sich vielleicht vom Militär oder von Geschäftsleitungen kennen. Auch sie sorgen nicht unbedingt dafür, dass wir Karriere neu denken. Ich glaube, die Schweiz leidet schon unter diesem konservativen Führungsblock und gleichzeitig unter einer mangelnden Diversität in den Top Führungsgremien. Also zusammenfassend: Ja, es gibt viele Gründe, die dafürsprechen, es gibt aber auch einige Gründe, die die alte Welt am Leben erhalten. Und dann war noch die Frage, was denn die Alternative sein könnte. Ich glaube, «Slasher Karrieren» werden an Bedeutung gewinnen, wo Menschen zwei Sachen gleichzeitig machen. Vielleicht bin ich 80% normal in einer hierarchischen Organisation tätig und 20% mache ich etwas ganz anderes, bin ich vielleicht Bergsteiger, Patisseur, Maler oder verfolge meine eigenen Projekte. Ich glaube auch, dass Unternehmen beginnen, karriere- und unternehmensübergreifend zu denken, sodass ich Karriere bei einer Gruppe von Unternehmen machen kann, die zusammen ein Ökosystem bilden. Und diese fachlichen und thematischen Karrieren werden meiner Meinung nach an Bedeutung gewinnen; man macht Karriere, in dem man sich auf ein Thema spezialisiert und dazugehörig ein Netzwerk aufbaut und pflegt, also eine Art Influencer in einem Problem oder in einem Thema wird.
Daniel: Also die Karriereleiter gibt es schon noch, aber es ist nicht mehr eine Leiter im klassischen Sinn nach oben, Richtung mehr Führung, sondern mehr Richtung inhaltlicher Lead, auch weil die Hierarchien grundsätzlich einfach flacher werden?
Joël: Ja, genau. Vielleicht müsste man hier die Metapher vom Netzwerk nehmen. Die Leiter fällt quasi zu Boden und hat nicht nur eine Richtung, sondern viele unterschiedliche Richtungen. Vielleicht ist es ein bisschen wie in einem Labyrinth, in dem ich eine Zeitlang diesen Weg gehe, nach ein paar Jahren drehe ich ein bisschen nach links und vielleicht gehe ich dann wieder zurück. Und ich bewege mich auch immer in unterschiedlichen Netzwerken, wo man sich temporär mit anderen Menschen zusammentut, seine Ressourcen stärkt. Das muss man auch kooperativer als früher denken und nicht nur als Karriereweg, auf dem sich nur ein einziger Mensch befindet.
LEAD FÜR WEITERBILDUNG
Daniel: Wer ist deiner Meinung nach im Lead, wenn es um Weiterbildung im Generellen geht? Wenn wir vorwärtskommen sollen und mitgehen wollen, am Ball bleiben, wie wir es vorhin besprochen haben – ist es das Individuum selbst, jede einzelne Person? Oder ist es die Wirtschaft, die das pushen muss? Oder ist es die Politik, die vielleicht die Anreize anders setzen muss? Wen siehst du hier im Lead? Wie kann man das hinkriegen, dass man mehr die Notwendigkeit sieht, wenn wir die Studie von vorhin nochmal nehmen?
Joël: Es braucht alle. Also das Individuum, das sich selbst Gedanken macht, Marie Kondo-mässig sein Leben aufräumt. Erkennt, auf was ich Lust habe, wo ich mich weiterbilden möchte und kann. Dann zweitens die Unternehmen, die Angebote machen, in ihre Mitarbeiter investieren, Angebote ermöglichen und zulassen. Sich vielleicht auch trauen, Weiterbildung etwas breiter zu betrachten, also auch ein Sabbatical, eine lange Reise oder das Lernen mithilfe von Videos als Weiterbildung akzeptieren oder betrachten. Und natürlich kann Politik einerseits Anreize für Unternehmen schaffen, wir haben über diese 3. Säule B gesprochen, andererseits aber auch Gefässe und institutionelle Voraussetzungen schaffen, damit das Thema Weiterbildung gestärkt wird.