- Was bedeutet Digital Real Estate?
- Gründe für eine Digitalisierungsstrategie
- Der digitale Reifegrad der Immobilienbranche (Stand 2020)
- Referenzmodell für die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie
Trotz aller guten Vorsätze tut sich die Immobilienbranche nach wie vor schwer mit der Digitalisierung, die Transformation geht schleppend voran. Digitale Hilfsmittel werden selten durchgängig eingesetzt.
Dieses Intro beleuchtet den wesentlichen Grund (1 Minute):
1. Was bedeutet Digital Real Estate?
Digital Real Estate bedeutet, digitale Ideenansätze, Prozesse und Technologien und über alle Phasen des Lebenszyklus von Immobilien hinweg gewinnbringend einzusetzen – also während der Planungs-, Bau- und Nutzungsphase bis hin zur Verwertung. Eine Digitalisierungsstrategie ermöglicht, dabei strukturiert, zielorientiert und in Abstimmung mit den Unternehmenszielen vorzugehen. Die Voraussetzung dafür ist eine solide Datenbasis im «Life Cycle», die laufend aktualisiert wird. Ohne gute Datenbasis kann kein digitales Geschäftsmodell implementiert werden.
Im «Stufenplan Schweiz» von Bauen digital Schweiz und buildingSMART Switzerland ist der strategische Weg zum digitalen Planen, Bauen und Betreiben formuliert. Als abstraktes Modell beschreibt der Stufenplan den Grad der digitalen Durchgängigkeit in der jeweiligen Stufe. Auf diese Weise lässt sich der Transformationsprozess strukturieren und der Mehrwert für alle Beteiligten stufengerecht und transparent aufzeigen.
Hier das Video dazu (ca. 3 Minuten):
2. Gründe für eine Digitalisierungsstrategie
Die Digitalisierung birgt zahlreiche Chancen, aber auch Gefahren. Letzteres insbesondere in Bezug auf die Konkurrenzsituation, die sich durch die Digitalisierung stetig verändert und die ehemals klaren Grenze zwischen einzelnen Branchen verwischt. Das fasst Paul Willmott, der heutige Chief Digital Officer der Lego Gruppe, im folgenden Clip einfach verständlich zusammen (auf Englisch, 7.5 Minuten):
3. Der digitale Reifegrad der Immobilienbranche (Stand 2020)
«Die Ernüchterung hält an und die Realität Einzug.» So lautet das Fazit der 5. Digital Real Estate Studie von pom+. Allen Branchenakteuren ist zwischenzeitlich klar geworden, dass die Digitalisierung keine kurzlebige Trenderscheinung ist, sondern eine unabdingbare Entwicklung. Die Konsequenzen, die sich daraus für die Unternehmungen ergeben, werden unterschiedlich ausgelegt; ein einheitliches Verständnis der digitalen Transformation und deren Bedeutung von den Gebäudesektor fehlt. Einigkeit besteht hingegen darin, dass es Zeit ist für Taten. Wo in den letzten Jahren vor allem die Erarbeitung von Strategien zum Umgang mit der Digitalisierung im Vordergrund stand, liegt der Fokus mittlerweile auf der Umsetzung von Teilschritten.
In diesem Video werden die wichtigsten Ergebnisse der 5. Digital Real Estate Studie (Ausgabe 2020) und Erkenntnisse zu den «European PropTech Trends 2020» von PropTech1 zusammengefasst (1.5 Minuten):
In Ergänzung zum Video erläutert der folgende Artikel den aktuellen Reifegrad der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft in Deutschland und der Schweiz:
4. Referenzmodell für die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie
Wer mittel- und langfristig am Markt bestehen will, muss sich nicht nur laufend die eigene Strategie überprüfen und anpassen, sondern sich gezielt mit neuen Technologien und Trends auseinandersetzen. Es gilt festzulegen, welche Trends relevant sind für das Kerngeschäft und welche Technologien die eigenen Prozesse, Leistungen und Produkte heute und in Zukunft optimal unterstützen können. Die digitale Transformation beginnt mit der entsprechenden normativen und strategischen Ausrichtung der Organisation und konkretisiert sich in den daraus abgeleiteten und realisierten Massnahmen auf der operativen Ebene.
Das Vorgehensmodell für die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie im Real Estate Management besteht aus vier Phasen:
- Trend und Technologiescouting (allgemein)
- Generierung von Use Cases (unternehmensspezifisch)
- Definition strategischer Handlungsfelder und Formulierung der Digitalisierungsstrategie (unternehmensspezifisch)
- Operationalisierung der Digitalisierungsstrategie (unternehmensspezifisch)
Das folgende Referenzmodell definiert Vorgehensmethodik, Instrumente und Hilfsmitteln für die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie. Es orientiert sich sowohl am Strategieprozess wie auch am Innovationsprozess.
Trend und Technologiescouting
In der ersten Phase des Trend- und Technologiescoutings werden die Quellen für die Erarbeitung der Digitalisierungsstrategie analysiert. Es handelt sich dabei um potenzielle, zukünftige Marktgegebenheiten, relevante Zukunft-Trends (Megatrends), technologische Entwicklungen (Makrotrends) und Start-Up-Aktivitäten (Mikrotrends). Der Fokus liegt bewusst auf externen Einflüssen und weniger auf Kunden- oder unternehmensinternen Prozesse. Nur so lässt sich ein neues Denken jenseits der gewohnten Pfade etablieren, das über die Optimierung bekannter Prozesse hinausgeht und auch neue Ideen mit Disruptionspotenzial zulässt.
Megatrends
Megatrends verändern die Welt grundlegen über mehrere Jahrzehnte hinweg und werden daher als Tiefenströmungen des Wandels bezeichnet. Sie wirken auf individueller, sozio-ökonomischer und kultureller Ebene. Das deutsche Zukunftsinstitut hat die aktuell relevanten Megatrends und ihre Schnittstellen auf der Megatrend-Map visualisiert.
Für die digitale Entwicklung der Immobilienbranche besonders hervorzuheben sind folgende Trendströmungen:
- Connected World
- Sustainability
- Data Era
- Artificial Intelligence
- Attention Economy
- Future Work
Die verlinkte Präsentation erläutert diese sechs Trends und deren Auswirkungen auf die Bau- und Immobilienwirtschaft näher (Folien 5 – 11):
Dieser TED Talk von Alison Sander stammt zwar aus 2014, verdeutlich aber eindrücklich, wie relevant Megatrends bei der Erstellung einer Unternehmensstrategie sind (< 13 Minuten):
Digitale Technologien
Der von der amerikanischen Unternehmung Gartner entwickelte Hype-Zyklus zeigt die einzelnen Phasen auf, die eine neue Technologie im Laufe der Zeit durchläuft.
- Technologische Auslöser: beachtliches Interesse des Publikums und der Medien
- Gipfel der überzogenen Erwartungen: Enthusiasmus für die Technologie, gepaart mit unrealistischen Erwartungen
- Tal der Enttäuschungen: Berichterstattung und Euphorie ebben ab
- Pfad der Erleuchtung: neue, realistischere Einschätzungen führt zu klarerem Verständnis für Chancen und Grenzen der neuen Technologie
- Plateau der Produktivität: der Markt anerkennt die Vorteile und den Nutzen
Wenn wir in der Immobilienbranche über Digitalisierung sprechen, dann fokussieren wir oft auf die strategische Ebene. Der technischen Seite wird in der öffentlichen Diskussion noch wenig Beachtung geschenkt. Doch je mehr Portfoliomanager, Immobilienbesitzer, Verwaltungen oder Facility Manager sich mit neuen Möglichkeiten auseinandersetzen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, desto wichtiger wird die technische Komponente.
PropTechs
PropTechs bieten basierend auf innovativen Technologien und/oder Geschäftsmodellen Lösungen für die Immobilienwirtschaft an. Sie richten sich sowohl an Unternehmen (B2B), als auch an Endverbraucher (B2C) und besitzen bis zum fünften Jahr Start-Up-Status.
Die PropTech Map Switzerland bietet eine Übersicht:
Neue PropTech Map für die Schweiz
Generierung von Use Cases
In der zweiten Phase liegt der Fokus auf der Generierung von möglichen Anwendungsfällen, sogenannte Use Cases. Hier stehen die digitalen Technologien im Mittelpunkt. Im Rahmen eines «Mappings» werden sie visuell mit relevanten Megatrends wie auch mit PropTechs in Verbindung gesetzt, um den Kontext für die eigene Unternehmung zu eruieren und potenzielle Use Cases abzuleiten. Diese werden nach Kundenzufriedenheit, Wachstum, Effizienzsteigerung und Risikoreduktion bewertet und priorisiert. So kann beispielsweise skizziert werden, welche Technologien entlang des Customers Journey eines Mieters eingesetzt werden sollen.
Definition strategischer Handlungsfelder
Die priorisierten Use Cases werden in der dritten Phase zu strategischen, thematischen Handlungsfeldern (Innovations-Cluster) gebündelt und systematisch beschrieben. Daraus wird die Digitalisierungsstrategie formuliert und mit den Vorgaben und Rahmenbedingungen in der Unternehmensstrategie abgestimmt.
Operationalisierung
Die vierte Phase steht im Zeichen der Umsetzung. Für die priorisierten Use Cases werden Massnahmen, Projekte und Controlling-Instrumente definiert, Abhängigkeiten analysiert sowie kurze Projektsteckbriefe für die Umsetzungsplanung erarbeitet. Die Projekte werden in eine Roadmap überführt, Verantwortlichkeiten bestimmt, der Terminplan festgelegt und Projektziele definiert. Es ist wichtig, diese Digitalisierungsprojekte im Kontext der Unternehmensstrategie zu spiegeln und auf die übergeordneten Massnahmen abzustimmen.